Der Druck der Familie kann einen mürbe machen
Wenn arrangierte Ehen scheitern

Was für die meisten Westler unvorstellbar ist, müssen viele Inder als unabänderlich akzeptieren. Auch heute werden indische Frauen und Männer nach wie vor zu arrangierten Ehen gezwungen, beziehungsweise von ihren Eltern und entfernten Verwandten dazu gedrängt. Lakshmi ist nun eine dieser Frauen. Im Sommer 2006 heiratete sie einen nahezu fremden Mann.

"Ich liebe Pramod nicht", sagt die 28-Jährige, und ihre braunen Augen bekommen einen leeren Ausdruck, "es war ja auch keine Liebesheirat". Ihre kleinen Finger huschen über die Tastatur ihres Labtops. Sie öffnet die Hochzeitsbilder, erzählt von den hinduistischen Ritualen. Ihr Ton dabei ist sachlich. Das Aussehen ihres Mannes kommentiert sie mit "er ist okay". Auf den Fotos am Monitor ist eine schlanke, mädchenhafte, lebendige Braut in unterschiedlichen Saris zu sehen, deren Augen funkeln. "Mir war das in dem Moment alles gar nicht so bewusst, mein Vater war so stolz. Hier, da, auf dem Bild ist mein Papa."

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Lakshmis helle und westlich eingerichtete Wohnung in Bangalore erstreckt sich über zwei Etagen. Während ihre Köchin ein vegetarisches Mittagessen aus frisch gebackenen Rotis, Ladyfingers und Dal, Linsenbrei, serviert, erzählt Lakshmi, dass sie nun Mieter für ihr Appartement gefunden hat. Bald ist alles vorbereitet, und sie wird zu ihrem Mann nach San Fransisco ziehen. Ihr Auto hat sie im Hinblick auf den bevorstehenden Umzug verkauft. Die ersten Kartons mit Kleidung und kleineren Möbelstücken hat sie bereits gepackt. "Deshalb sieht es hier auch schon so leer aus", sagt sie entschuldigend.

Stolz präsentiert Lakshmi ihr jüngstes selbstgemaltes Bild. Es zeigt ein glückliches Paar, das sich umarmt, dominante Farben sind rot, blau, grün und nicht zuletzt echtes Gold. "Diese Technik hab ich im Kunstkurs gelernt", erzählt sie. "Der Kurs ist eine Vorbereitung auf mein Kunststudium in den Staaten." Außerdem hat sie gerade mit einer Akzent-Neutralisation begonnen. Das Telefon klingelt. Lakshmi presst ihr stylisches Handy ans Ohr. Sie telefoniert oft und gerne. "Hier in Indien haben wir ein riesiges Netzwerk an Freunden und Verwandten", erklärt sie später.

Finanziell ist Lakshmi unabhängig, sie stammt aus gutem Hause. Sie gehört der Brahmanenkaste, der höchsten im indischen Kastensystem an. Nach einem Management Studium absolvierte sie einen dreimonatigen Kurs im Programmieren und arbeitete zuletzt als Projektleiterin in einem Softwareunternehmen. Auslandserfahrung hat sie bereits bei Firmen in den USA und in London gesammelt.